Bericht über die politische Lage in Senegal: Herr Diouf, Deutschlehrer am Gymnasium Coumba Diack Guèye/ Khombole, Senegal

„Am 24. Februar 2024 finden die Prӓsidentschaftswahlen in Senegal statt. Der aktuelle Prӓsident Senegals, Macky Sall, hat in den letzten Monaten behauptet, er sei kein Kandidat bei diesen Wahlen. Deshalb hat er für seine Koalition( Benno Bokk Yaakar) Amadou Ba, den jetzigen Premier Minister, als Kandidaten für die Koalition ausgewӓhlt. So gibt es auch viele weitere Kandidaten anderer Parteien und Koalitionen. Jetzt zӓhlt man ungefӓhr 256 Kandidaten.

Aber bevor ein Kandidat bestӓtigt wird, muss er bei der Bevӧlkerung 41900 Fӧrderer bekommen. Wenn ein Kandidat keine richtigen 41900 Fӧrderer erhӓlt, dann darf er nicht als Kandidat an den Wahlen teilnehmen. Die Bestӓtigung soll das Verfassungsgericht übernehmen. In Aufsicht auf den Prӓsidentschaftswahlen am 24. Februar 2024 wurde die Partei des berühmten Opposanten Ousmane Sonko aufgelӧst. Das war eine gerichtliche Entscheidung wegen Ousmane Sonkos Auseinandersetzungen mit der Justiz. Er war und bleibt immer noch im Gefӓngnis. Nicht nur die Partei von Herrn Sonko wurde aufgelӧst, sondern er selbst wurde auch von den Wahllisten gestrichen. Das heisst, Ousmane Sonko dürfe nicht mehr wӓhlen und ausgewӓhlt werden : Er sei nun unwӓhlbar. Trotzdem hatten seine Anwӓlte diese Gerichtsentscheidung bei dem Gericht in Ziguinchor angefechtet, denn Ousmane Sonko wurde in den Wahllisten in Ziguinchor eingetragen. So hatte der Richter in Ziguinchor, Sabassy Faye, die Gerichtsentscheidung am 12. Oktober 2023 aufgehoben und die Wiedererlangung von Sonko in den Wahllisten befohlen. In diesem Sinne kӧnnte Sonkos Vertrer die Fӧrderungsformulare bei der C.E.N.A. (das ist die hӧchste Kommission, die sich um die Wahlen kümmert).

Trotz des Urteilsspruchs vom Richter Sabaasy Faye hatte der Staat Senegals die Sache bei dem oberstem Gerichtshof in Dakar beklagt. Gleichzeitig beklagten die Anwӓlte von Sonko gegen die Auflӧsung Sonkos Partei bei der wirtschaftlichen westafrikanischen Gemeinschaft( Franzӧsisch : CEDEAO). Das CEDEAO-Gericht hatte nach dem Plӓdoyer seinen Urteilsspruch über die Auflӧsung der Partei von Sonko( PASTEF) am 17. November gegeben. Es bestӓtigte auch die Auflӧsung der Partei. Am gleichen Tag hatte auch der oberste Gerichtshof in Dakar angekündigt, dass Herr Sonko unwӓhlbar bleibt. Aber es ist wichtig zu wissen, dass die Wahlbarkeit von Ousmane Sonko wird wieder beurteilt werden.

Außerdem hat Sonko neulich erklӓrt, Bassirou Diomay Faye muss gefӧrdert werden. Seine Fӧrderung hat schon begonnen und er habe bereits über eine Million Fӧrderer. Bassirou Diomay gehӧrt zur Partei PASTEF und ist seit mehreren Monaten im Gefӓngnis.

Mal sehen, wie alle diese Szenen beenden werden.“

(Update: Interview der Heinrich Böll Stiftung zur Verschiebung der Wahlen vom 21. Februar 2024)

Proteste gegen Studiengebühren in Südafrika – Siphila Dlamini, Aktivist aus Südafrika

Siphila Dlamini ist ein prominenter südafrikanischer Aktivist, der für seine einflussreiche Rolle in der Bewegung „Fees Must Fall“ bekannt ist. Im Video redet er über die Proteste und seine Motivation von damals. Als ehemaliger stellvertretender Landesvorsitzender des Congress of South African Students (COSAS) in Mpumalanga spielte er eine entscheidende Rolle bei der Mobilisierung von Oberschülern während des Höhepunkts der Bewegung 2015/16. Dlaminis Engagement ging über die Mobilisierung hinaus, denn er leistete einen strategischen Beitrag zum Sammeln von Informationen und zur Spionageabwehr, um die Effektivität der Bewegung zu gewährleisten. Gegenwärtig ist er Vorsitzender der United Nations Association of South Africa in the Free State und hat auch Positionen im SADC Youth Forum und in der Afrikanischen Union inne. Dlamini ist Befürworter einer freien, entkolonialisierten Bildung in Südafrika und setzt sich aktiv für die Förderung einer integrativen und gerechten Gesellschaft ein.

Ein ergänzender Bericht der Deutschen Welle über die Proteste hier (05.10.2016).

Unruhen im Senegal vor den Präsidentschaftswahlen

Herr Diouf, Deutschlehrer am Gymnasium Coumba Diack Guèye in Khombole, Senegal berichtet über die Unruhen im Senegal.

„Senegal ist ein Land in Westafrika. Es wurde immer als ein friedliches Land bezeichnet im Gegensatz zu vielen Lӓndern Afrikas. Seit seiner Unabhӓngigkeit im Jahre 1960 gab es den Frieden in Senegal. Deshalb wurden alle vier Prӓsidenten legal gewӓhlt : Léopold Sédar Senghor (von 1960 bis 1981), Abdou Diouf (von 1981 bis 2000), Abdoulaye Wade (von 2000 bis 2012), Macky Sall (von 2012 bis heute).

Mit der Prӓsidentschaft von Macky Sall werden immer noch Politiker, Journalisten …. verhaftet. Der vorherrschende und berühmte Politiker ist Ousmane Sonko. Manche denken, Macky Sall wolle Ousmane Sonko von der Prӓsidentschaftswahlen vom Jahr 2024 ausschließen. Deshalb gibt es Komplotts gegen den Opposanten Sonko. Es hieß, er habe das Mӓdchen A. S. vergewaltigt, das in einem Massagesalon arbeitete. In diesem Massagesalon habe er A. S. mehrmals vergewaltigt und ihr mit dem Tod gedroht.

Dies soll im Jahr 2021 stattgefunden haben. Seitdem sollte Sonko vor dem Gericht verurteilt werden. Schon am 3. Mӓrz 2021 gab es Proteste gegen dieses Urteil und 14 Personen wurden getӧtet. Zwei Jahre spӓter wollte die Regierung endlich das Verfahren beenden.  Ousmane sollte am 23. Mai vor Gericht gehen, aber er lehnte es ab. Trotzdem wird er verurteilt, wӓhrend er sich in Ziguinchor aufhält (er ist auch der Bürgermeister von Ziguinchor). In Ziguinchor protestierten schon die Leute dort, denn die FDS (Forces de défense et de sécurité꞊ Verteidigungs- und Sicherheitskrӓfte) wollten Sonkos Haus verbarrikadieren. Nach der Verhandlung am 23. Mai sollte der endgültige Urteilsspruch am 1. Juni bekannt gemacht werden. Inzwischen hatte der Opposant eine Karawane des Frieden von Ziguinchor nach Dakar organisieren wollen. So hatte er Ziguinchor am 26. Mai verlassen, um durch verschiedene Orte Senegals nach Dakar zu fahren. Aber am 28. Mai wurde er von den FDS unmittelbar nach Dakar gefahren. Dann haben sie seinen Aufenthaltsort in Dakar wieder verbarrikadiert.

Da die Lage komplizierter geworden ist, appellieren die Anhӓnger von Sonko an Protesten im ganzen Senegal vor allem in Dakar. Die Proteste begannen am 1. Juni. An diesem Tag gab es bereits Tote in Ziguinchor und in Dakar. In 3 Tagen gab es 17 Tote. Die Regierung hatte auch das Internet blockiert, weil Bilder und Videos der Demonstrationen auf den sozialen Netzwerken gepostet wurden. Die Regierung meint, das war eine Gewaltverherrlichung. Deshalb habe die Regierung etwas über 600 Personen verhaftet darunter Politiker, Journalisten, Lehrer, Studenten, Schüler.

Schließlich wird Ousmane Sonko für 2 Jahre Gefӓngnis und 200 Millionen Bußgeld wegen  « Anstiftung zur Unzucht von Jugendlichen » verurteilt. Und das bedeutet, das er nicht an den kommenden Prӓsidentschaftswahlen teilnehmen kann.“

Herr Diouf, Deutschlehrer am Gymnasium Coumba Diack Guèye in Khombole, Senegal

Mehr Infos dazu hier: https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/senegal-proteste-100.html

Folgen des Klimawandels für die kenianische Bevölkerung: Prof. Dr. Titus Ogalo Pacho (Christian Universität in Kenia)

Zusammenfassung des Videos:

Prof. Dr. Titus Ofalo Pacho berichtet über die Folgen des Klimawandels. Für ihn ist die globale Erhitzung eine der größten Herausforderungen der Menschheit in diesem Jahrhundert. Nordkenia sei dieser am Meisten ausgesetzt.

Als Folgen nennt er unter anderem die extreme Dürre und den daraus resultierenden Nahrungsmangel, hungernde Menschen, bis hin zum Tod durch Nahrungsmangel. Auch das Vieh sei gestorben aufgrund der Dürre und andere Lebewesen, die unter der Dürre leiden. In den Nachrichten wurde zum Beispiel berichtet, dass in den letzten zehn Monaten 205 Elefanten gestorben seien aufgrund der Dürre.

Die Mangelernährung führe auch zu Krankheiten, insbesondere bei Kindern. Außerdem kommt es zu gefährlichen Situationen für vor allem Frauen und Kinder, die weite Distanzen zurücklegen müssen, um Wasser zu finden. Auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen haben viele Menschen ihr Zuhause verlassen. Eine weitere Konsequenz des Nahrungsmangels ist ein Ausfall des Schulunterrichts und Heirat in jüngerem Alter um Nahrungssicherheit herzustellen. Durch den Mangel an Nahrungsmittels wird auch er Tourismus eingeschränkt, der weniger attraktiv ist.

Prof. Dr. Pacho fordert einen Wandel des Lebensstils, Umstieg auf erneuerbare Energien und Aufforstung. Als positives Beispiel nennt er das von ihm zuletzt besuchte Land, Finnland, welches zu 75 % aus Wald besteht. Insbesondere im Bereich der Solarenergie sieht er große Chancen, um den CO2-Ausstoß und Folgen des Klimawandels zu mindern.

Olivier Kouadio, Lehrer aus Elfenbeinküste

Herr Kouadio berichtet über die Auswirkungen der Pandemie in Elfenbeinküste.

Man hat versucht, die verschiedenen Maßnahmen einzuhalten und die Leute zu sensibilisieren, damit sie sich der Pandemie bewusst werden. Man hat alles unternehmen, damit alle die Informationen bekommen. Man konnte die Kurse in der Schule auch über das Fernsehen geben. Das ist sehr positiv verlaufen. Wir haben viel gelernt und wurden gelehrt, dass wir gemeinsam etwas machen müssen und die Pandemie niemanden verschont. Egal ob reich oder arm, man sollte die Schutzmaßnahmen einhalten. Wir haben gelernt, wie man mit Problemen umgehen und sich auf neue Situationen einstellen kann. Die Menschen sind alle gleich. Wir teilen die gleiche Erde, den gleichen Planet und wir sollten gemeinsam handeln.

Auswirkungen des Ukraine Krieg auf Menschen in Senegal

Herr Diouf ist Gymnasiallehrer für Deutsch als Fremdsprache in Senegal. Für uns hat er über die Auswirkungen des Ukraine Krieges in Senegal gesprochen. Hier gibt es weitaus drastischere Preissteigerungen als in Deutschland.

Die Preise für Lebensmittel oder Materialien für den Hausbau haben sich zum Teil verdoppelt. Die Ernten waren schlecht, da es nicht viel geregnet hat in der Regenzeit und die Kosten für die Ernte sind teurer geworden. Als der Präsident letztes Mal in Russland war hat er einen Vertrag mit Putin geschlossen, dass Getreide aus der Ukraine exportiert werden kann (mehr zum Thema bei der Süddeutschen).

Herr Diouf beteiligt sich unter anderem auch am bundesweiten Projekt „Chat der Welten“, bei dem Schulklassen oder Gruppen aus Deutschland sich mit Menschen aus dem Globalen Süden unterhalten können, um einen spannenden Perspektivwechsel zu erleben.

Gongali Model aus Tansania und das Blue Future Project aus Saarbrücken

Ruth und Askwar Hilonga erzählen, wie sie ihr eigenes Business „Gongali Model“ in Tansania starteten. Beide haben sich in Südkorea kenngelernt, wo sie studiert haben. Ruth ist CEO von Gongali Model und hat Business Management studiert. Askwar ist nach dem Chemieingenieurwese-Studium Professor an der Nelson Mandela Universität in Tansania.

Der Videobeitrag ist in englischer Sprache. Wir haben für Sie in diesem Beitrag die Zusammenfassung in deutscher Sprache aufbereitet. Die Plattform Youtube bietet bei diesem Video automatisch erzeugte Untertiteln sowohl in englischer, als auch in weiteren Sprachen an.

Mit der gemeinsamen Firma haben sie verschiedene Produkte, Nanofilter, Wasserreinigungssystem, Biogasanlagen oder Solaranlagen auf den Markt gebracht. Ihr eigenes Empowerment-Zentrum soll junge Start-ups unterstützen, ihre innovativen Ideen umzusetzen. Mittlerweile gibt es internationale Kooperationen mit 77 verschiedenen Partnern rund um die Welt. Eines davon ist das Blue Future Project aus Saarbrücken. Askwar ist stolz, mit diesem Projekt zusammenzuarbeiten.

Als sie damals in Südkorea ein weit entwickeltes Land gesehen haben, beschlossen sie, eine Firma zu gründen, um das eigene Land und dessen Innovationen und Ideen weiterzubringen. Inspiration, Kooperation, neue Jobs, das sind einige Ziele von „Gongali Model“. In Südkorea wurde für Ruth klar, dass die Fortschritte nicht in das Land gebracht wurden, sondern von den hart arbeitetenden Menschen dort selbst kommt. Trotzdem gehen die Menschen sparsam mit ihren Ressourcen um.
Für Ruth war es eine besonders eindrückliche Erfahrung bei der „Young African Leaders Initiative“ von Barack Obama für 7 Wochen teilzunehmen, wo ihr Kontakte, Wissen, Insparation und andere Skills vermittelt wurden.

Die Corona-Pandemie verlief in Ostafrikanischen Ländern nicht so schlimm wie in anderen Ländern, unter anderem, da es eine alte Tradition der Hygiene gibt. Hände waschen ist zum Beispiel wichtig, es wird schließlich mit den Händen gegessen. Als besonderes Zeichen von Respekt, hilft man einem Besucher, sich die Hände zu waschen. Außerdem leben die Menschen in Tansania nicht so eng und haben oft viel Platz und einen Garten um das Haus. Es gab in Tansania keinen Lockdown, weil es nicht möglich gewesen wäre, dann hätten die Menschen nicht mehr ihre Miete und Essen bezahlen können. Ruth vermutet außerdem in ihrem natürlichen und frischen Essen, eine gute Vorbeugung vor Corona bzw. einem schweren Krankheitsverlauf. „Mein Gefrierschrank ist meistens leer, weil ich am Liebsten frische Lebensmittel esse“, sagt sie. Meistens trinken sie Tee mit frischen Kräutern.

Ein weiteres Problem sei ganz klar der Klimawandel, der auch Ruth und Akswar betrifft. Der Regen beginnt im Oktober normalerweise und im Dezember gibt es die Ernte. Jetzt hat sich das Wetter geändert und es gibt ausgetrocknetet Gegenden oder überflutete Bereiche. „Es ist ein Problem der Menschheit und sollte auch von der globalen Menschheit behandelt werden“, ist die Meinung von Askwar. Wenn in Tansania die Kohleförderung gestoppt werden soll, braucht es andere Lösungen. Die Preise für erneuerbare Energien müssen zum Beispiel gesenkt werden. Es braucht eine bessere Finanzierung dafür. “Let’s go green”, fordert Askwar zum Handeln auf. Die Zusammenarbeit mit dem Blue Future Projekt hat ihm gezeigt, dass es eine gemeinsame Mission gibt. Die beiden möchten eine Plattform bieten, um solche Projekte zusammenzubringen und zu fördern.

Großes Danke Schön an Daniel Wiersbowsky, BlueFuture Project, der das Interview möglich machte.

„Orangen süß-bitter. Oder wie Sklaverei sich auch in Europa breit macht“

Die Produkte aus Zwangsarbeit, Ausbeutung und menschenverachtenden Arbeitsbedingungen halten wir tagtäglich in den Händen. Die 6-teilige Veranstaltungsreihe „Ziel: Lieferketten mit Verantwortung“ von mehr Wert! e.V. klärt auf und gibt Ausblicke.

Ein Nachbericht zur ersten Veranstaltung zum Thema „Orangen“.

Sklaverei ist ein Thema der Vergangenheit?! Das ist die Ansicht vieler Menschen in Deutschland. Bei der Veranstaltungsreihe „Ziel: Lieferketten mit Verantwortung“ von dem Saarbrücker Verein „mehr Wert!“, die am Montag mit dem Thema „Orangen“ begann, wird etwas anderes deutlich. Drei von vier Gläsern Orangensaft stammen aus Betrieben mit illegalen, unterbezahlten Arbeitern, ohne ausreichende gesundheitliche Versorgung, eigene Wohnung oder sanitäre Anlagen. Wenn wir im Supermarkt Obst oder Gemüse wie Orangen, Mandarinen, Tomaten und anderes kaufen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir damit ein Wirtschaftssystem unterstützen, welches auf der Ausbeutung von Menschen basiert. Wie es zu diesen ausbeuterischen Zuständen kommt und was passieren muss, um Missstände zu verhindern und aufzudecken, damit beschäftigt sich der Verein mehr Wert! In weiteren fünf Online-Veranstaltungen am 10., 13., 14., 15. und 16. Dezember jeweils online 18 bis 20 Uhr, außer der Veranstaltung am Mittwoch, 15. Dezember im Rahmen der Reihe „Cinema for Future“ im Filmhaus Saarbrücken.

Am Montag teilten gleich drei hochkarätige Referent*innen ihr Wissen mit den Teilnehmenden. Gilles Reckinger, Ethnologe und Buchautor („Bittere Orangen“) zeigte die Wege der zum Großteil aus afrikanischen Ländern über Lampedusa geflüchteten, „gesichtslosen“ Menschen auf. In Kalabrien besuchte er mehrere Slums, um mit den Arbeitern in Kontakt zu kommen.

„Dass sie überhaupt überleben können, geschieht, weil sie sehr solidarisch untereinander sind. Viele unterschiedliche Länder, Religionen, Sprachen. Das interkulturelle Zusammenleben funktioniert sehr gut.“ (Gilles Reckinger)

Zwangsarbeit (oder Sklaverei, wie Gilles Reckinger sie nennt), ist eine Steigerung der Ausbeutung. Sie entsteht durch den Umstand, dass die vulnerable Situation der Flüchtlinge (Aufenthaltsstatus, Armut, Ausgrenzung/Marginalisierung bzw. soziale Isolation) von Plantagenbesitzern wie Importeuren ausgenutzt wird, sodass sie gezwungen sind, für Hungerlöhne weit unter den sonst üblichen Löhnen zu arbeiten. Sie verdienen so wenig, dass sie weder weiterggehen können, noch zurück in ihre Heimat. Die Plantagenbesitzer wiederum können dem Weltmarkt sowieso nur mit diesen Arbeitkräften standhalten. Der Preisdruck von Supermarktketten ist groß. Eine Kiste Orangen bringt 50 Cent. „Das bildet sich im Preis, den wir im Supermarkt zahlen gar nicht mehr ab.“ Die Arbeiter sparen sich dabei Woche für Woche noch ein paar Cent vom Mund ab, um es der Familie in der Heimat zu schicken.

Eva-Maria Reinwald vom Institut Südwind zeigte auf, welche Bemühungen es in der Politik gibt, um solche Zustände zu verhindern, wie das italienische Anti-Sklaverei-Gesetz, das festhält, dass Arbeitgeber für Missstände haften. Infolge gab es Kontrollen bei Agrarbetrieben, aber hier mangelt es personellen Ressourcen. Die Bemühungen reichen noch nicht aus, um Arbeitsbedingungen wirksam zu verbessern. Die Leitprinzipien Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen betonen die Verantwortung der Unternehmen für eine menschenrechtliche Sorgfalt in ihrer Geschäftstätigkeit. Dies beinhaltet, dass  Unternehmen eine entsprechende Grundsatzerklärung öffentlich machen, menschenrechtliche Risiken in ihren Lieferketten ermitteln und Analysetools in ihren Strukturen verankern müssen und ggf. geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, wenn sie Risiken in ihren Lieferketten erkennen. Zu der Sorgfaltspflicht gehört auch, dass die Unternehmen über ihre Bemühungen berichten, Beschwerdemechanismen für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen einrichten und ggf. Abhilfe schaffen müssen..

„Unternehmen müssen reflektieren, was ihr Beitrag dazu ist, dass die Ausbeutung weiterhin so stattfindet. So können sie Druck auf die Lieferkette ausüben“, so Reinwald.

Missstände seien hinlänglich bekannt. Als politische Perspektive nennt sie das Lieferkettengesetz mit der Pflicht zur menschlichen Sorgfalt, welches ab 2023 für Unternehmen ab 3000 Mitarbeitenden und 2024 für Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden in Kraft tritt. Diese müssen sich aber nur verantworten, wenn sie schon konkrete Hinweise auf Missstände hinsichtlich Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden bei nachgeordneten Lieferanten haben. Betroffene können Hinweise an Behörde leiten, aber selbst nicht klagen. Perspektivisch sollte die Vergabe von Fördermitteln, bspw. der EU an Plantagenbetreiber und Landwirte daran geknüpft sein, dass sie sich an Vorgaben halten.

Dominik Groß, Campaigner bei „Our Food. Our Future“ und Referent bei der christlichen Initiative Romero stellte als Ausblick seine Kampagne vor, die Einfluss auf politische Prozesse nehmen möchte. Die Aufklärung der Konsumenten steht hier nicht im Vordergrund, die Kampagne zielt eher auf politische Prozesse: Gespräche suchen mit Politikern vor Ort, Personen und insbesondere Jugendliche unterstützen, die sich einbringen möchten. Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Süden, Reisen mit Menschenrechtsverteidigern aus dem Globalen Süden, aber auch aus europäischen Ländern und die Organisation von Treffen mit politischen Entscheidungsträgern. Die Kampagne will dem Verbraucher einen fairen und nachhaltigen Einkauf von Lebensmitteln ermöglichen und eine Markttransparenz herstellen. Zwar gebe es einen Trend zu fairem Einkauf und Bewusstsein von Konsumentinnen, um die Problematik aber ernsthaft anzugehen, brauche es stärkere Instrumente, als der Apell an die Verantwortung der Konsumentinnen. Die drastische Situation verdeutlicht sich, als er von der Studie „We world“ in Italien zu Menschenrechtsverletzungen im Gemüseanbau berichtet (80% der Erträge gehen nach Deutschland). Die Macher*innen der Studie stehen unter Polizeischutz.

„Ein Europäisches Lieferkettenschutz-Gesetz wäre gut, was deutsche Fehler ausbügelt.“, so die Hoffnung. „Oder, dass die Koalitionäre sich zusammensetzen und das deutsche Lieferkettengesetz nachbessern.“

Interessierte können sich jetzt schon stark machen im Rahmen einer Protestmailaktion (Link hier), die sich an verantwortliche EU-Kommissarinnen und Kommissare richtet, und zeigen, dass wir wissen, was ein gutes Gesetz braucht und dass gerade für den Agrarsektor bestimmte Inhalte besonders wichtig sind: ein besonderer Schutz von Migrant*innen und Frauen und das Schließen von Lücken, sodass die gesamte Lieferkette eingeschlossen.

Weitere Termine der Veranstaltung bis zum 16. Dezember 2021 und Anmeldung.

Mehr Infos: www.ourfood-ourfuture.eu, www.ci-romero.de, Veranstaltungen von mehr Wert!, zum Buch „Bittere Orangen“ von Gilles Reckinger und das Factsheet Ausbeutung im italienischen Orangenanbau von Eva-Maria Reinwald.

Der Vulkanausbruch des Nyiragongo und die Konsequenzen für die Bevölkerung Gomas (Demokratische Republik Kongo) – Ein Beitrag von Pfarrer Robert Byamungu

„Der Vulkanausbruch vom 22. Mai 2021, den niemand hätte voraussehen können, zog eine brutale und unkontrollierte Evakuierung von ca. 400.000 Menschen nach sich und verursachte den Verlust von Kindern, den Verlust von Eigentum, mehr als 3.000 verbrannte Häuser, 31 Todesfälle und andere Schäden, deren Aufzählung nicht vollständig ist. Ich erinnere mich, dass ich in meinem kleinen Büro zu Hause war und es war mein Sohn, der kam, um mich zu alarmieren, dass es ein außergewöhnliches Feuer auf der Höhe des Vulkans gab und dass die Menschen, die in den Dörfern in der Nähe des Vulkans lebten, bereits auf der Flucht waren. Meine Kinder hatten eine panische Angst und ich musste sie erst einmal beruhigen. Ich realisierte erst das Ausmaß dieses Ausbruchs, als ich die Nachrichten im Radio hörte, in denen die Menschen, die sich im Wirkungsbereich des Ausbruchs von 2002 befanden, aufgefordert wurden, zu evakuieren, und dass die Ölfirmen den Treibstoff in all ihren Tankstellen leeren sollten, um Explosionen zu vermeiden. Die Situation wurde noch komplizierter, als zwei befreundete Familien um 23:30 Uhr bei uns Zuflucht suchten.
Am Tag nach dem Ausbruch ordneten die politisch-administrativen Behörden der Provinz Nord-Kivu die Evakuierung an, um einen zweiten drohenden Ausbruch zu verhindern und um die Auswirkungen des durch den Ausbruch erzeugten Gases zu vermeiden. Dies betraf 13 von 18 Stadtteilen in der Stadt Goma.
Im Zuge der Evakuierung brachten die Familien nichts mit, als sie die Stadt verließen, einige nach Sake, Bukavu, Kigali, andere nach Rutshuru, Butembo, Beni, Minova, Kalehe, Masisi, Kitshanga, Mweso, etc. Die nicht evakuierten Gebiete wie unseres wurden als Gastfamilien genutzt. Wir haben unser Haus für 32 Personen geöffnet. Zusammen waren wir 42 und jeder fand einen Platz zum Schlafen. Damals ging es nicht um die Frage, wo eine Matratze ist, die Priorität war, wie man einen Platz zum Schlafen in jeglichem Zustand findet. Gott sei Dank geschah das Ereignis, als wir uns gerade mit Lebensmitteln eingedeckt hatten. Die Dinge wurden zu Hause sehr kompliziert, als eines meiner Kinder durch die Belastungen des Ausbruchs krank wurde. Im Krankenhaus wurde bei ihm nichts diagnostiziert. Er wurde gesund, nachdem ich beschlossen hatte, sie mit ihrer Mutter 340 km entfernt zu evakuieren.

Die Folgen des Vulkanausbruchs sind zahlreich und auf vielen Ebenen: sowohl Umwelt, Gesundheit, Wirtschaft als auch Soziales.
Auf der psychologischen Ebene gibt es traumatische und posttraumatische Belastungen, Schocks, Enttäuschungen, von deren Familien getrennte Kinder, Familientrennungen, umherirrende Kinder, verzweifelte Menschen, Angststörungen usw.“


(übersetzt aus dem Französischen)