Klagen für Klimagerechtigkeit! Unternehmen, Staaten und die EU müssen Verantwortung übernehmen

Vor 5 Jahren fand die Klimakonferenz in Paris statt, deren Abkommen bis heute als bahnbrechend und zukunftsweisend gilt. Da Maßnahmen, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, jedoch in fast keinem der Länder, ausreichend umgesetzt wurden, gibt es bereits dramatische Folgen. Existenzen werden vernichtet, um unser Wirtschaftssystem zu erhalten wie es ist. Ist das gerecht? Darum und um die Einforderung von Gerechtigkeit ging es in der Veranstaltung „Klimaklagen und die Geschichten dahinter“ im Rahmen der Reihe 5 Impulse zu 5 Jahre Pariser Klimakonferenz. Für Alle, die nicht dabei sein konnten: Hier eine kurze Zusammenfassung unseres Moderators Max Dörr (NES e.V.) und ein 7-minütiges, informatives Video von der Organisation „People’s Climate Case“:

„In einer kurzen Einleitung zum Thema Klimagerechtigkeit konnten die Teilnehmer*innen durch das Weltverteilungsspiel verbildlichen wie ungleich Wohlstand und CO2-Emissionen weltweit verteilt sind. Doch was wird im globalen Norden dafür getan, um Klimagerechtigkeit weltweit einzufordern? Markus Raschke, Campaigner bei der NGO Protect the Planet, hat uns persönliche Portraits von Menschen in Europa vorgestellt dessen Lebensgrundlagen schon jetzt enorm von der Klimakrise beeinträchtigt werden. Die aus der Klimakrise entstehenden Existenzängste regen immer mehr Menschen weltweit dazu an, als sogenannte Klimakläger*innen, die Einhaltung des Pariser Abkommens von Unternehmen, Staaten oder der EU, einzufordern. Vom Imker aus Portugal zu Lavendelbauern in Südfrankreich, schon jetzt sind viele Familien – in und außerhalb von Europa – akut von der Klimakrise betroffen. Doch können diese Klagen erfolgreich sein? Lucy Maxwell, Menschenrechtsanwältin und leitende Juristische Mitarbeiterin beim Climate Litigation Network, hob in ihrem Vortrag hervor, dass Klimaklagen sich schon in mehreren Staaten vor Gerichten behaupten konnten und erklärte den Ablauf solcher gerichtlichen Verfahren. Nach der erfolgreichen holländischen Urgenda-Klage, verpflichte sich die Regierung, mehr in Klimaschutz zu investieren, setzte sich ambitioniertere Klimaziele und führte konkrete Gesetze ein, um solche in verschiedenen Sektoren einzuhalten wie z.B. ein 100km/h Tempolimit.

Dieser Erfolg inspirierte viele andere Klagen gegen nationale Regierungen, so dass nun auch in Frankreich und Irland Klagen auf einem guten Weg sind durchzukommen. Außerdem erreichten Klimagkläger*innen in den Ländern Kolumbien, Nepal und Pakistan, dass Klimawandel nun vor Gericht als Menschenrechtsthematik gewertet wird.“


„Protestbewegungen in Lateinamerika – ¡Latinoamerica Resiste!“

Rückblick auf das Lateinamerika-Forum 2020

Das Lateinamerika-Forum 2020 am 21. August in Saarbrücken war eine Premiere für das Team vom NES e.V. : Zum ersten Mal wurde eine Veranstaltung im „Hybrid-Format“ organisiert. Einen Tag lang beschäftigten sich sowohl die Teilnehmenden vor Ort im evangelischen Gemeindezentrum in Saarbrücken wie auch über 25 Online-Zuschauer*innen mit den jüngsten politische Entwicklungen und zivilgesellschaftlichen Widerstandsbewegungen in ausgewählten Ländern Lateinamerikas.

Ulrike Dausend, Geschäftsführerin des NES e.V. und Eva Wessela, Studienleiterin an der EAO eröffneten das Forum und zählten die Fragen auf, mit denen sich die Teilnehmenden dann über den ganzen Tag hinweg beschäftigten: Was passiert gerade in Lateinamerika? Wie ist die Lage in den unterschiedlichen Ländern? Welche Probleme gibt es und was sind die Ursachen hierfür? Was können wir tun? Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Protestbewegungen?

Zur Beantwortung dieser Fragen verschaffte Professor Dr. Werz von der Universität Rostock den Zuhörer*innen im einführenden Vortrag zunächst einen Überblick über die Protestbewegungen Lateinamerikas. Anschließend zeigte das Forum einzelne Problematiken unterschiedlicher Regionen auf: mit Live-Berichten aus Chile, El Salvador, Ecuador und Brasilien war ein guter kleiner Querschnitt durch Lateinamerika mit seinen insgesamt über 800 verschiedenen indigenen Völkern und noch mehr indigenen Sprachen gelungen.

Zur Corona-Krise sagte Prof. Wenz, dass sie die Probleme „wie in einem Brennglas“ verdeutliche. So z.B. die Defizite im Gesundheitssystem. Dies bestätigten auch die zugeschaltetenReferent*innen – allesamt Angehörige von Protestbewegungen in Lateinamerika – in ihren Berichten. „Die Regierung möchte zu den alten Zeiten zurückkehren und die Demokratie gefährden“, erzählte zum Beispiel Zulma Larin, die in El Salvador bei der Bewegung „Red de Ambientalistas Comunitarios de El Salvador“ mitwirkt. Die Pandemie sei von der Regierung genutzt worden, um beispielsweise soziale Güter zu privatisieren.

Insgesamt war festzustellen, dass die Folgen der Pandemie noch nicht abzusehen sind. Das Lateinamerika-Forum verdeutlichte jedenfalls, dass die globale Perspektive weiterhin gefördert werden muss, Menschen und Organisationen über die Grenzen hinweg aktiv werden müssen, und auch wir als NES weiter informieren und  Handlungsperspektiven aufzeigen müssen.

Mehr zum Inhalt und Programm des Lateinamerika-Forums auf unserer Webseite.

Tipps, wie man helfen kann hier.

Das Forum mit seinen Organisatorinnen, Referent*innen und Teilnehmenden.

Willkommen auf unserem Blog!

Hier sammelt das NES e.V. Stimmen aus dem Globalen Süden zu verschiedenen Themen, die uns alle betreffen und bewegen. Wie geht es Menschen am anderen Ende der Welt? Was erleben Sie, was denken sie, was sind ihre Ideen? Dieser Blog soll Einblicke geben in oft vergessene Weltregionen, zum Perspektivenwechsel und zur Empathie anregen und dazu führen, dass die Welt ein kleines Stückchen mehr zusammenwächst und die Menschen friedlicher und nachhaltiger zusammen leben.
Die Artikel haben bestimmte Schwerpunktthemen: Corona-Krise, Klimawandel und Ukraine-Krieg waren bisher Themen.

Klicken Sie auf die bunt gefärbten Länder, um Berichte aus denselben zu lesen.

Wie ist die Lage im Globalen Süden während der Corona-Krise?

Auf dieser Seite lesen Sie alle Beiträge in Zusammenhang zur weltweiten Corona-Krise! Hier stellt das Netzwerk Entwicklungspolitik im Saarland e.V. Stimmen aus dem Globalen Süden zusammen, um einen Einblick über die Folgen der Corona-Krise zu bekommen. Auch als Menschen, die in Deutschland leben, geht uns der Globale Süden unmittelbar etwas an. Das Wohlergehen Aller liegt uns am Herzen. Die Berichte auf unserem Blog zeigen persönliche Schicksale. Menschen kommen zu Wort, die sonst nicht gehört werden, mit denen wir und andere sich identifizieren können.

Was passiert gerade im Globalen Süden? Wie gehen unterschiedliche Regierungen und die dort lebenden Menschen mit der aktuellen Situation um? Haben solche Maßnahmen mit „Privilegien“ zu tun?

Die Corona-Krise ist für viele Länder des globalen Südens besonders problematisch. Neben der gesundheitlichen Krise, drohen auch gravierende soziale und wirtschaftliche Konsequenzen. Was in Deutschland selbstverständlich ist: ein ausgeprägtes Gesundheitssystem, finanzieller Spielraum der Regierungen und Sozialversicherung, fehlt in Ländern des Globalen Südens oft und führt bei unerwarteten Katastrophen – wie aktuell der Fall –  zu Arbeitslosigkeit und Lohnausfällen.

Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, solidarisch an der Seite unserer Mitmenschen im Globalen Süden zu stehen, Perspektiven zu wechseln und sich emphatisch zu zeigen. 

Das NES Team möchte Sie hiermit über die Situation in einigen Ländern des Globalen Südens mit Berichten der dort lebenden Zivilgesellschaft informieren.

Wir sind ständig in Kontakt mit Partner*innen im Globalen Süden und bieten auf dieser Plattform eine Möglichkeit, ihnen eine Stimme im Netz zu geben. Haben auch Sie einen Bericht aus dem Globalen Süden und möchten diesen bei uns veröffentlichen? Dann schreiben Sie an newsletter(a)nes-web.de.

Dara Prasad, 54, Andhra Pradesh (India)

Dear fellow humans.

My name is Dara Prasad, born in what used to be one state (it is now two states), Andhra Pradesh, India. My age is 54. I have no family. I am working in a restaurant. From 24th of March onwards, all restaurants and most other places were shut but our restaurant could still offer take aways and delivery service so I was very lucky that I did not lose my job as it happened to millions of people in India and also elsewhere.

Just before the lockdown, I had an accident. To get my wounds treated, I needed to go to the hospital but it was difficult to get there and to come back because all traffic was stopped, so there was no public transport and no autorikshaws. Although it was strictly forbidden to leave the house I did take the chance to go without authorisation. Luckily the police did not stop me.

During the time of the lockdown, I had, originally, planned to go to south India to continue searching for my family. I had run away 39 years ago, at the age of 15, because of the poverty we were living in and because of all the pressures that came along. Also, my father was very abusive. From then on I don’t know what happened to my family. I don’t know where they are today and even whether they are still alive. My family was from a Dalit community so we lived on the outskirts of the village. As migrant labourers my parents used to work at various places. Last year, after years of searching, I eventually found the hamlet where I grew up but no one seems to know where my family had moved on to. So all the time, be it lockdown or not, my mind and heart would be busy with that.

It is very difficult to put in words what I experience with regard to the pandemic people all over this planet are going through (which differs very much, depending on the surrounding one lives in). It feels more like survival than life. And it is sad to see why, during the lockdown, people are responding so differently to the lockdown and to the social distancing orders. Where people have a certain level of financial security both measures may work but for so many others – those millions and millions who lost their jobs, their income, often also their accommodation, and who are either being stranded on the streets of the places they had worked in before or are trying to make their way back home on foot, sometimes hundreds of kilometres away – it means to make a choice between fighting for their daily survival and protecting themselves from the virus. Others, living in crowded conditions, don’t even have that choice. Within a few hours, they have been left without any means for survival and are stuck in surroundings in which distancing is no option.  

What I wish is that we, as responsible humans, should not think about countries, continents or races. We all should take individual responsibility to protect the person next to us and we should respect all people on this earth and also care about future generations.

Bericht erhalten durch Tamara Enhuber, Fachpromotorin für Global Verantwortliches Wirtschaften, MehrWert! e.V.

Video eines Aktivisten gegen Schuldknechtschaft und Kinderarbeit in Indien

Umesh B. Nooralakuppe, Social Activist, Karnataka/Indien

My name is Umesh. I am a social activist. I work for the abolition of the bonded and child labour system. Also, I work with agricultural labourers, daily wage labourers and workers in the unorganised sector.

During the lockdown of the covid-19 crisis, in my area many labourers are suffering [because of] food problems and [because of not being able to satisfy their] daily needs. When Corona affected my area, it meant no work, no wages, no benefits [that is, social security]. And also, everybody has been afraid of the corona virus:[1] agricultural workers, daily wage labourers, street sellers, autotaxi drivers, plumbers, painters, and also construction workers – [all] mainly Dalit and tribal people. Everyone is suffering [because of the lack] of food and [of any means to cover one’s] daily needs and hospital expenses [that is also medical expenses].[2] Our government is giving 40 kg rice, 1 kg dhal.[3] What about other things, like oil, sugar, tea powder, onions, masala powder, vegetables and other cooking items? If people want to purchase [these things], they don’t have money. How to manage life? [These are] very very bad conditions. But, by the time, some of the NGOs and political leaders are giving some donations for food packages. It is very good but not sufficient. But even today also many village labourers, [that is] agricultural and daily wage labourers, are suffering for food [from hunger] and [so many other difficult life] conditions.

I demand from our government, it should take full charge of [maintaining/restoring the full life security of] our agricultural workers, daily wage labourers and Dalit and tribal people (…). It means food package for one year, monthly honoraria,[4] free children’s education etcetera etcetera and also [free] hospital [treatment, this is, medical service].[5]

Thank you.

[1] Besides being afraid in health and economic terms, particularly poor people also fear other effects of getting diagnosed with Covid-19 such as being put in quarantine in public badly equipped hospitals and also getting ostracised afterwards in their workplaces as well as socially. Therefore many people shy away from getting a check-up done in the first place.

[2] This is particularly hard for people with chronic ailments, e. g., malaria, diabetes, heart problems, kidney failures (dialysis patients).

[3] This was a one-time provision by the government.

[4] Honoraria, in this case, means some income support / social assistance for ongoing bills to be paid such as for rent, water and electricity, and so on until people will have regained some source of income.

[5] Another demand, which Umesh B. Nooralakuppe added in a phone conversation, aims at a special package for people who were infected by Covid-19 and may, due to social ostracisation, not be able to return to their workplace. This entails economic assistance, free access to medical services (“regaining physical strength”) and mental/moral support for those who have been affected. This has, however, also to be linked to educational and awareness programs for the general public.

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Transkription/Textedition sowie Ergänzungen und nachträgliche Erläuterungen (Klammern und Fußnoten) in Absprache mit Umesh Nooralakuppe

Bericht erhalten durch Tamara Enhuber, Fachpromotorin für Global Verantwortliches Wirtschaften, MehrWert! e.V.

Bericht des Bruders einer im Saarland lebenden Togoer*in

Schon von Beginn an wurde der Akzent in Togo auf Prävention gelegt. Mit Hilfe der Ärzt*innen in Togo und unter deren Anweisungen, nutzen die Togoer*innen konventionelle Schutzmittel gegen das Covid -19 ebenso wie traditionelle Kräuter zum Beispiel “ Aloma“ oder Wurzeln wie “ Myimon“ – bittere Mittel die gewöhnlich gegen Malaria verwendet werden. Es werden auch Masken aus  afrikanischen Stoffen genäht und überall verkauft. Eine Maske kostet 200 Fcfa, das sind etwas weniger als 50 Cent. Das Virus verbreitet sich eher langsam, da strenge Maßnahmen getroffen  werden: die Schulen, Kindergärten und Universitäten werden geschlossen, die Arbeitszeiten sind von 9 Uhr morgens bis 16 Uhr [Anm. der Redaktion: Normalerweise wären die Arbeitszeiten von 7 – 12 Uhr und dann nach einer Mittagspause wieder von 15 – 18 Uhr] Es gibt auch ein „couvre feu“, das bedeutet eine nächtliche Ausgangssperre, bei der von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens niemand mehr aus dem Haus gehen darf.

Viele Firmen arbeiten deswegen im Homeoffice. Die Studierenden bekommen ihre Vorlesungen online, während viele Schüler*innen  über den Fernseher oder das Radio unterrichtet werden.


Ein Beispiel: „Meinem großen Bruder „Kokouvi“ wurde vor 5 Monaten Lungenkrebs diagnostiziert. Während seiner Behandlung im Krankenhaus hat er sich mit Covid-19 infiziert. Er wurde sofort in Quarantäne gebracht ( ein spezielles Klinikum wurde speziell für diese Fälle eingerichtet). Da er eine Kontaktperson für seine Familie ist, war ein medizinisches Team in seinem Haus und hat alle getestet. Obwohl sie negativ getestet waren, geht jeden Tag ein Krankenpfleger vorbei und misst ihnen die Temperatur. Und das wird 2 Wochen lang gemacht werden. Seit einer Woche befindet er sich in diesem Corona-Zentrum. Die Patient*innen werden gut behandelt, bekommen 3 Mahlzeiten pro Tag und Medikamente. Einmal in der Woche werden Sie getestet. Heute geht es meinem Bruder ziemlich gut, Gott sei Dank.“

Link zur aktuellen Corona-Statistik der togoischen Regierung: https://covid19.gouv.tg/situation-au-togo/

Bericht erhalten durch Melanie Malter-Gnanou, Fachpromotorin für Globales Lernen und Internationale Partnerschaften